Dortmund, 03.03.2021: Das Thema der Videoüberwachung kirchlicher Gebäude und Räume bildet nach wie vor einen permanenten Schwerpunkt der Beratung katholischer Einrichtungen durch das Katholische Datenschutzzentrum. Seit September 2020 kann in dieser Beratung inhaltlich auch eine neue „Orientierungshilfe Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen“ der Datenschutzkonferenz, des Gremiums der unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichten des Bundes und der Länder (DSK) berücksichtigt werden. Die Orientierungshilfe (OH) ist eine Überarbeitung der Fassung aus dem Jahr 2014, die schon aufgrund der rasant fortschreitenden technischen Entwicklung auf dem Gebiet der Video- und Übertragungstechnik notwendig wurde.
Beobachten und Speichern sind Datenverarbeitung
Der Begriff der Videoüberwachung steht i.d.R. für einen oder beide der folgenden Verarbeitungsvorgänge: Videobeobachtung, bei dem eine Live-Übertragung auf einen Monitor erfolgt und Videoaufzeichnung, bei der die Aufnahmen für eine bestimmte Zeit gespeichert werden und prinzipiell für Auswertungen zur Verfügung stehen. Bereits die Aufnahme von eindeutig identifizierbaren Personen stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar und unterliegt im kirchlichen Bereich dem Gesetz über den Kirchlichen Datenschutz (KDG), insbesondere dem § 52 KDG (Videoüberwachung).
Berechtigtes Interesse
52 Abs. 1 KDG erlaubt eine Videoüberwachung zur Aufgabenerfüllung oder zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkrete Zwecke, sofern sie erforderlich ist und die Interessen und Grundrechte der betroffenen Personen nicht überwiegen. Eine Differenzierung des beobachteten Raumes nach „öffentlichem“ und „privatem“ (bzw. „kirchlichem“) Eigentum erfolgt nicht. Zumindest bei legalem Betreten eines privaten Grundstückes oder Raumes (etwa einer Kirche oder eines Kirchplatzes) genießt jede Person grundsätzlich die gleichen Persönlichkeitsschutzrechte wie auf der offenen Straße.
Das berechtigte Interesse kann z.B. in der Verhinderung von Einbrüchen, Diebstählen oder Vandalismus liegen oder auch in der Beweissicherung zur Durchsetzung von Rechtsansprüchen. Es muss aber konkret belegbar und darf nicht rein spekulativ oder subjektiv sein. Die bloße Befürchtung eines Einbruchs oder eine beabsichtigte Abschreckung ist keine ausreichende Grundlage für eine Überwachungsmaßnahme. Bei bereits dokumentierten Vorfällen oder besonderen Situationen, die nach der Lebenserfahrung ein besonderes Risiko für einen Einbruchsdiebstahl darstellen (etwa die Aufbewahrung und Ausstellung besonders wertvoller Kunstgegenstände) kann dagegen ein berechtigtes Interesse an einer Überwachung belegt werden.
Einwilligung ist kaum zu verwenden
Das Instrument der Einwilligung ist dagegen in fast allen Fällen untauglich zur Begründung der Rechtmäßigkeit einer Überwachung. In der Regel fehlen die vollständige Information der Beobachteten und die Freiwilligkeit der Zustimmung.
Erforderlichkeit
Wie bei jeder Verarbeitung personenbezogener Daten muss zunächst der Einsatz milderer Mittel geprüft werden, d.h. ob der Zweck der Überwachung auch mit anderen Mitteln, die weniger in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingreifen, erreicht werden kann. Beispielsweise könnte eine Verstärkung des passiven Einbruchschutzes (Sicherung von Türen und Fenstern) auch den Zweck der Sicherung des Eigentums erfüllen. Die Prüfung der alternativen Maßnahmen ist zu dokumentieren.
Datenminimierung
Das Prinzip der Minimierung der Datenverarbeitung durch Videobeobachtung ist auch bei der konkreten Ausgestaltung zu berücksichtigen, z.B. in dem der Erfassungsbereich der Kameras auf die kritischen Orte und die Zeit der Beobachtung oder Aufzeichnung auf die kritischen Stunden (z.B. Zeiten ohne normalen Besucherverkehr) beschränkt werden. Bei einer Speicherung dürfen die Aufnahmen nur so lange verwahrt werden, wie es der Zweck der Speicherung verlangt. Werden z.B. Aufnahmen gespeichert, um eine eventuelle Straftat aufzuklären, reicht eine Speicherdauer von 72 Stunden i.d.R. aus, um die Relevanz der Aufnahmen zu beurteilen.
Interessenabwägung
Das berechtigte Interesse des Verantwortlichen an einer Videoüberwachung ist gegen die legitimen Interessen der Betroffenen z.B. an einer ungestörten Privatsphäre abzuwägen. Gerade im kirchlichen Bereich steht dabei das Recht auf freie Religionsausübung im Vordergrund. Auch muss berücksichtigt werden, was ein Betroffener vernünftigerweise erwartet: z.B. sich zu normalen Zeiten unbeobachtet in einem Kirchenraum zum Gebet aufhalten zu können.
Informationspflicht
Der Verantwortliche hat über den Umstand der Videobeobachtung angemessen, adressatengerecht, transparent und fair zu informieren. Das geschieht durch Hinweise, die auch zweistufig aufgebaut sein können: Ein vorgelagertes Hinweisschild informiert vor Betreten des überwachten Bereiches über die wichtigsten Aspekte der Videoüberwachung und weist auf die vollständigen Informationen hin, die auch in einem anderen Medium vorliegen können, etwa auf der Homepage des Verantwortlichen Ein Muster für das vorgelagerte Hinweisschild und die vollständige Information zur Videoüberwachung kirchlicher Immobilien finden Sie auf unserer Homepage: Muster zur Videoüberwachung
Datenschutz-Folgenabschätzung
Videoüberwachung ist meistens eine Form der systematischen und umfangreichen Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche, oft auch eine Verarbeitung besonderer Kategorien von personenbezogenen Daten (etwa bei der Auswertung biometrischer Merkmale). Ihre Einführung wird nach § 35 Abs. 4 lit. b) und c) KDG demnach in der Regel die Erstellung einer Datenschutz-Folgenabschätzung erfordern. An dieser sind der betriebliche Datenschutzbeauftragte und eventuell die Datenschutzaufsicht zu beteiligen (§ 35 Abs. 2, 3, 11 KDG).
Weitere Inhalte
Weitere Ausführungen, etwa auch eine ausführliche Darstellung der Rahmenbedingungen zur Videoüberwachung von Beschäftigten, entnehmen Sie bitte direkt der Orientierungshilfe der DSK. Dort finden Sie ebenfalls Ausführungen zu neuen technischen Entwicklungen, etwa zu den Themen von Webcams, Dashcams und Drohnen.